Wie eine Frau zu Unrecht der Hexerei beschuldigt und gefoltert wurde.
Friedrich von Spee und die Hexenprozesse In Würzburg trug es sich zu, daß zu dem Jesuitenpater Spee eine Frau aus Veitshöchheim kam und zu beichten verlangte. Als er sie zu sprechen aufforderte, sagte sie seufzend, sie sei eigentlich nicht des Beichtens wegen gekommen, sondern um seinen Rat einzuholen, da sie gehört habe, er habe vielen Frauen, die als Hexen verbrannt worden wären, in ihrer letzten Not beigestanden. Sie sei nun seit sieben Jähren mit ihrem Manne verheiratet, sie hätten ein Kind miteinander und hätten friedfertig gelebt, bis ihr Mann kürzlich eine wohlhabende Witwe kennengelernt und sich in sie verliebt habe. Seitdem sei er kaltherzig gegen sie geworden, gebe ihr oft harte Worte, lasse sie fühlen, daß sie kein Geld in die Ehe gebracht habe, und bleibe oft nächtelang aus, Spee könne wohl denken wo. Einmal sei sie in ihrem Schmerz zornig gegen ihn geworden und habe ihm gedroht, sie werde sich rächen, wenn er sie verließe; da habe er gesagt, nun sähe er, was für ein Mensch sie sei, sie gehöre zur Hexenzunft und wolle ihm etwas antun, er werde sich aber zu schützen wissen.
Wenn sie sich unschuldig wisse, sagte Spee nach längerem Nachdenken, so rate er ihr doch, daheim zu bleiben. Wohin sie denn wolle? Das würde den Verdacht erst recht auf sie ziehen. Er könne sich nicht denken, daß ihr Mann so schlecht sei, falsches Zeugnis wider sie abzulegen.
Die Frau lächelte dankbar, obwohl sie nur wenig getröstet war, und ging heim, wurde aber schon nach drei Tagen als der Hexerei Angeklagte beim Würzburger Gericht eingeliefert.
Spee, der davon hörte, lief sogleich hin, um ihr beizustehen und kam gerade dazu, als der Mann, das Kind an der Hand, aussagte, was er von ihrer Hexerei wisse. Er habe sie sehr liebgehabt und zur Frau genommen, obwohl sie ihm kein Heiratsgut gebracht habe und er manche andere, begüterte hätte haben können. Seine Freunde und Verwandten hätten damals schon gesagt, das Mädchen müsse ihn behext haben, weil seine Liebe sonst so groß nicht sein könnte, und jetzt glaube er das auch, wenn schon er es damals nicht habe hören wollen; denn seine Liebe habe hernach bald abgenommen und habe also wohl keinen natürlichen Grund gehabt. Erst habe er nichts Fremdartiges an ihr wahrgenommen, außer, daß er zuweilen Kopfweh und Bangigkeit gehabt habe und daß Schmerzen und Angst gleich verschwunden wären, wenn sie ihre Hand auf seine Stirn gelegt hätte. Sie hätte auch besondere Suppen kochen können gegen das Magenweh, und es könne wohl sein, daß sie ihm darin etwas beigebracht hätte, um ihn an sich zu fesseln. Zuletzt wäre er einmal nachts nach Hause gekommen und hätte sie nicht im Bett angetroffen, und als er da aus dem Fenster in den Garten hinunter gesehen hätte, um sich die Zeit zu vertreiben, hätte da eine große schwarze Katze gesessen und ihn falsch aus grünen Augen angeglotzt. Es könne wohl nicht anders sein, als daß das seine Frau gewesen wäre; denn am folgenden Morgen sei seine Frau wieder da, die große schwarze Katze aber verschwunden gewesen. Schließlich sei das Kind krank geworden und hätte eine mißfarbige, übelriechende Materie ausgespien, wovon der Arzt die währe Ursache nicht hätte entdecken können, es hätte fast das Aussehen, als habe die Frau es dem Kinde angeblasen, um ihn zu kränken.
Auf Befragen sagte das Kind, ein sechsjähriges Mädchen mit rötlich-blonden Locken, die Mutter habe es dreimal angehaucht und dazu etwas gemurmelt.
Die Frau hielt während dieser Zeit ihre sanften Augen düster auf ihren Mann geheftet, sagte aber nichts. Spee, der in großer Unruhe zugehört hatte, zog einen der Richter auf die Seite und sagte ihm, er kenne die Frau, sie sei unbescholten, fromm und gut und habe nichts mit dem Teufel zu schaffen, er bürge dafür. Die Aussage ihres Manne gelte nicht, wer könne wissen, ob er die Wahrheit sage? Was er da geschwatzt habe, seien ja nur törichte, unbegründete Vermutungen.
Wieso? entgegnete der Richter; der Mann sei ein ordentlicher, gutbeleumdeter Mann, und es werde sicher keiner etwas wider seine eigene Frau aussagen, wenn er es nicht Gott und der Wahrheit zuliebe tun müsse. Gerade weil es der Ehemann sei, der gegen sie zeuge, müsse man es glauben und bedürfe es anderer Zeugen nicht mehr.
Großer Gott, rief Spee, man wisse doch, wie oft Eheleute einander feind würden. Der Mann könne ihrer am Ende gar los werden wollen! Der Richter solle doch bedenken, fuhr er, einem neuen Einfall nachgehend, fort, daß die Frau arm sei, wozu solle man dem Gericht die Kosten aufbürden, sie zu beherbergen, zu beköstigen und endlich verbrennen.
Spöttisch das Gesicht verziehend, sagte der Richter, er durchschaue, wo Spee hinaus wolle. Spee müsse aber nicht fürchten, daß der Staat sich wegen der Hexe zu sehr angreife, der Mann müsse für sie zahlen, er habe genug dazu.
Indessen war der Henker gekommen, hatte die Frau entkleidet, das Hexenmal gesucht und sagte vergnügt, da hätten sie einen guten Fang getan. Wenn der Mann sich besser auf die Zeichen verstände, hätte er längst den Bock riechen müssen. Dann holte er eines der Folterwerkzeuge, hielt es ihr vors Gesicht und fragte, ob sie wisse, was das wäre, worauf sie, die bis dahin unverwandt ihren Mann angesehen hatte, unwillkürlich zurückschauderte und sagte: "Das ist ein Bratspieß."
Der Henker begann laut zu lachen: "Ein Bratspieß!" rief er, sich auf die Schenkel schlagend, "Ja, da hast du recht! Wir wollen einen hübschen fetten weißen Braten daran rösten! Da wird das Fett herunterfließen! Da wird uns das Wasser im Munde zusammenlaufen !"
Als er dann, gleichsam versuchsweise, einen eisernen Ring um ihren Arm legte und langsam zusammenschraubte und sie laut aufschrie, schrie auch das kleine Mädchen auf und streckte, das Gesicht jämmerlich verziehend, die Arme nach seiner Mutter aus. Das hübsche Gesicht des Mannes wurde fahl, und er sagte, sie möchten ihn nun gehen lassen, er könne kein Blut sehen; wenn sich einer nur in den Finger schneide, werde ihm übel. Ja, sagte der Richter, wenn er so zimperlich wäre, solle er nur gehen, sie brauchten ihn ohnehin nicht mehr, worauf der Mann, ein wenig geduckt und schleichend wie eine Hyäne, das Kind an der Hand, sich davonmachte. Überhaupt, fuhr der Richter fort, sich an Spee wendend, wäre dies kein öffentlicher Ort, wo alles zusammenlaufen dürfte, Spee solle wiederkommen, wenn er gerufen wurde, um das Gewissen zu retten.
Nachdem Spee mehrere Male, die Hände ringend, um das Ordenshaus herumgegangen war und auf der Schwelle noch unschlüssig gezaudert hatte, ging er hinein und bat um Gehör bei seinem Vorgesetzten, den er für einen klugen, verständigen Mann hielt. Er stellte diesem vor, daß sein Gewissen es nicht länger ertrage, so viele unschuldige Menschen Martern leiden und eines schmerzhaften und schmählichen Todes sterben zu sehen, ohne dagegen Einsprache zu tun. Er könne bei Gott beschwören, daß nicht eine von den Frauen, die er zum Feuertode vorbereitet habe, der Zauberei und des Umgangs mit dem Teufel schuldig gewesen sei. Viele von ihnen hätten inmitten einer Marter, wie er selbst sich nicht getrauen würde, sie auszustehen, die Himmelsgüte von Heiligen bewiesen. Der andere fragte nachdenklich, ob etwa Spee sagen wolle, daß alle der Hexerei Beschuldigten unschuldig wären, und es sich dabei überhaupt nur um ein erdichtetes Verbrechen handle?
Das wolle und könne er nicht entscheiden, sagte Spee, obwohl es ihm unwahrscheinlich vorkomme, daß der Teufel fleischlichen Umgang mit Menschen haben sollte; aber er wolle das dahingestellt sein lassen und sich nur an das halten, was er gesehen habe. Das sei keine Justiz, das sei ärger als Raub und Mord. Da seien weder Beweise noch Verteidigung. Die Fürsten, Herren, Geistlichen und Richter, die das anstifteten, zuließen und ausführten, wären gottloser, als der Teufel selbst sein könne.
Zurück zum Inhaltsverzeichnis von unserer Seite INFO-Hexenverfolgung.
|
zur letzten aufgesuchten Seite